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Neuartige Diagnostik und Therapie von Sehnenverletzungen

Sehnenverletzungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Bewegungsapparats. Es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten, die zwar Erfolg bzw. bessere Heilung versprechen, dies aber nach wie vor in vielen Fällen nicht liefern. Dementsprechend oft gehen Karrieren von Pferden mit Sehnenverletzungen zu Ende. 

Ein ähnliches Schicksal schien auch Uza Josselyn (Abbildung 1), einem vielversprechenden Trabrennpferd, zu blühen. Vor drei Jahren zog sie sich eine Verletzung der oberflächlichen Beugesehne zu. Trotz kontrollierter Bewegung und behutsamem Wiederaufbau erlitt sie vor zwei Jahren einen Rückfall und verletzte sich wieder an der ursprünglich verletzten Sehne.

Abbildung 1: Traber Uza Josselyn von René Aebischer. Bild verwendet mit Erlaubnis von R. Aebischer.

Zur gleichen Zeit wurden an der Klinik für Pferdechirurgie der Pferdeklinik der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Balgrist erste Behandlungsversuche mit Genipin durchgeführt, einem neuartigen Medikament zur Behandlung von Sehnenverletzungen. Genipin wird in der Humanmedizin bereits seit etwa 20 Jahren vielseitig eingesetzt, so z.B. bei Bandscheibenproblemen. Die Applikation bei Sehnenproblemen ist bis anhin aber den Pferden vorbehalten. Genipin wird aus der Gardenia-Pflanze gewonnen und ist ein sogenannter Collagen-Crosslinker, also ein Kollagen-Quervernetzer, wobei Kollagen der Baustein von Sehnen ist. Das an der Pferdeklinik des Tierspitals verabreichte Genipin wird von der Universitätsklinik Balgrist exklusiv für die Klinik hergestellt. Die aktuelle Dosierung basiert auf Erfahrungen aus vielzähligen Laboruntersuchungen der Universitätsklinik und aus ersten Erkenntnissen individueller Behandlungen von Pferden.

Auch Uza wurde dieses Medikament unter einer leichten Sedation und Ultraschallkontrolle in die verletzte Sehne (bzw. in das gesunde Sehnengewebe im Übergang zwischen Sehnenschaden und gesundem Sehnengewebe) injiziert. Die Sehnenverletzung heilte in der Folge tatsächlich ab und Uza konnte in den Rennsport zurückkehren. Und nicht nur das: Trotz früheren Sehnenverletzungen gewann Uza wieder Rennen (unter anderem 2019 in Årjäng, Schweden). Heute ist Uza eines der besten Trabrennpferde Europas.

Eine erfolgreiche Behandlung von Sehnenverletzungen beginnt aber lange bevor man allenfalls über eine Genipin-Injektion nachdenkt. Am Anfang steht die korrekte Diagnose. Sehnenverletzungen diagnostiziert man bereits seit über 60 Jahren mittels Ultraschalluntersuchungen. Bis vor kurzem war dies allerdings nur in den ultraschall-typischen Graustufen möglich, die zwar die strukturelle Form des Gewebes sehr genau darstellen können, jedoch keine Aussage über die mechanischen Fähigkeiten des Sehnengewebes erlauben.

Seit kurzem können die Ultraschall-Spezialisten der Pferdeklinik aber auf die sogenannte Ultraschall-Elastographie zurückgreifen. Die Elastographie kann die mechanischen Eigenschaften von Sehnengewebe darstellen, also genau das, wozu der Graustufen-Ultraschall nicht in der Lage ist (Abbildung 2).

Aus der Humanmedizin weiß man, dass gesunde Sehnen grundsätzlich zwar sehr elastisch sind, sich aber kaum komprimieren lassen. Geschädigtes Sehnengewebe ist deutlich weniger fest, sollte aber während der Heilung zunehmend an Festigkeit gewinnen.

Bei der Elastographie wird das Sehnengewebe mit der Ultraschallsonde komprimiert und die unterschiedliche Festigkeit des mehr oder weniger stark komprimierten Sehnengewebes untersucht. Während sich eine gesunde Sehne uniform fest (Farbcode: Rot, Orange) darstellt, sind pathologische Läsionen weich (Farbcode: Blau, Grün). So lassen sich nicht nur Sehnenverletzungen darstellen, sondern unter Umständen auch akute von chronischen Sehnenverletzungen unterscheiden. Weiter kann man so Sehnenverletzungen während ihrer Heilung überwachen und das kontrollierte Bewegungsprogramm der aktuellen Festigkeit der Sehnenverletzung anpassen.

Um nochmals den Bogen zum Genipin zu schlagen: Ist man mit Genipin fündig geworden auf der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten, die eine bessere Heilung bei Sehnenverletzungen garantieren? Diese Frage versucht die Klinik für Pferdechirurgie derzeit zu beantworten. Durch mehrere Laboruntersuchungen und in klinischen Studien am Menschen wurde bereits bewiesen, dass Genipin aufgrund der Kollagen-Quervernetzung zu einer erhöhten Festigkeit der Sehne verhilft. Und mit der Ultraschall-Elastographie steht an der Pferdeklinik nun das perfekte Werkzeug zu Verfügung, dies auch beim Pferd zu beweisen. Entsprechende Untersuchungen laufen.

Fassen wir zusammen: Wir können mit der Ultraschall-Elastographie ein neues diagnostisches Werkzeug bieten, das bei der Erkennung, Überwachung und vielleicht in Zukunft gar bei der Voraussage von Sehnenverletzungen behilflich sein kann. Und mit Genipin verfügen wir über eine neue Behandlungsmöglichkeit, um Sehnenverletzungen in ihrer Abheilung zu unterstützen. Ein doppelter Fortschritt für Sie, für Ihre Pferde und für uns von der Pferdeklinik des universitären Tierspitals Zürich.

Fin

Written by

Pferdekliniken Redaktion